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AKTUELLES


Malta-Recht                                             

C. Internationales Verfahrensrecht in Malta und Vollstreckung ausländischer Titel

von Rechtsanwalt Peter Pietsch


Malta ist seit 21.09.1964 vom Vereinigten Königreich unabhängig (001). Seit 13.12.1974 ist es Republik. Es ist Mitglied des Commonwealth. Trotz langer britischer Herrschaft ist das materielle Recht Maltas kontinental-europäisch (002). Das Prozessrecht ist angelsächsisch beeinflusst. Vorschriften über das Internationale Privatrecht gibt es nur wenige und diese sind in verschiedensten Gesetzen verstreut. In nicht kodifizierten IPR-Fragen greifen die Gerichte auf den angelsächsischen Rechtsraum, vor allem auf englische Entscheidungen, zurück.
Amtssprachen sind Maltesisch und Englisch (003). Gesetze werden in beiden Sprachen veröffentlicht; im Konfliktsfall geht die maltesische Version vor (004).
Gerichtssprache ist Maltesisch als Nationalsprache (005). Englisch ist Gerichtssprache, wenn keine der Parteien der maltesischen Sprache mächtig ist oder die maltesisch sprechende Partei mit der Prozessführung in Englisch einverstanden ist (006).


I. Gerichtsbarkeit

1. Diplomaten und Konsuln

Die Mitgliedschaft im Wiener UN-Übereinkommen über diplomatische Beziehungen vom 18.04.1981 wurde nach Eintritt in die Selbständigkeit samt dem 2. Fakultativprotokoll (007) übernommen (008). Im übrigen gilt das Gesetz über Diplomatische Immunität und Privilegien vom 14.01.1966 (009). Malta ist nicht Mitglied des Wiener Übereinkommens über konsularische Beziehungen vom 24.04.1963. Die völkerrechtlichen Privilegien insoweit sind im Consular Conventions Act (010) respektiert.

2. Staaten und Staatsunternehmen

Es gibt keine gesetzliche Regelung. Malta wendet jedoch die völkerrechtlichen Prinzipien an, wie diese im Zeitpunkt der Unabhängigkeit (011) durch das Vereinigte Königreich angewandt wurden. Ausländischen Staaten wird danach Immunität für Ansprüche aus acta iure imperii gewährt, nicht jedoch für solche aus acta iure gestionis.
Unternehmen und Banken fremder Staaten genießen keine Immunität.

3. Internationale Organisationen

Nach Art. 5 Abs. 1 Diplomatic Immunities and Privileges Act (012) kann der Außenminister internationale Organisationen bezeichnen (013), auf die das Gesetz zusätzlich Anwendung findet. Hiernach genießen internationale Organisationen und ihre Angehörigen Immunität, wenn Malta Mitglied dieser Organisationen ist. Derzeit (014) sind dies The United Nations Organization, The International Labour Organization, The Inter-Governmental Committee for European Migration, The Food and Agricultural Organization of the United Nations, The United Nation Education Scientific and Cultural Organization, The World Health Organization, The International Civil Aviation Organization, The International Telecommunications Union, The Universal Postal Union, The Council of Europe, The Inter-Governmental Maritime Consultative Organization, GATT, The Commonwealth Secretariat, sowie The Organisation for the Prohibitation of Chemical Weapons Union.


II. Internationale Zuständigkeit

1. Staatsvertragliche Regelungen

Malta ist Mitglied des Luxemburger Übereinkommens über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen über das Sorgerecht für Kinder und die Wiederherstellung des Sorgeverhältnisses vom 20.5.1890 (ESÜ) (015), sowie des Haager Übereinkommens über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung vom 25.10.1980 (HKÜ) (016). Für beide Übereinkommen wurde die zentrale Behörde gem. Art. 2 ESÜ bzw. Art. 6 HKÜ geschaffen (017). Die Zuständigkeitsregelungen ergeben sich insoweit aus Art. 3-5 ESÜ bzw. Art. 7 ff HKÜ.
Ansonsten ist Malta bisher keinem internationalen Abkommen über gerichtliche Zuständigkeiten beigetreten.

2. EU-Recht

Mit der Mitgliedschaft Maltas in der Europäischen Union (018) sind zahlreiche Zuständigkeitsvorschriften hinzugekommen.

a) Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 22.12.2000 (EuGVO oder EuGVVO oder Brüssel-I) (019).

Die Verordnung (020) gilt in allen Mitgliedsstaaten, seit 1.7.2007 auch in Dänemark (021). Nach Art.3 EuGVO werden die autonomen Zuständigkeitsrechte der Mitgliedsstaaten beschränkt. Gegenüber einem Beklagten, der keinen Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat, kann sich nach Art. 4 Abs. 2 EuGVO jede Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaat hat, in diesem Staat auf die dort geltenden Zuständigkeitsvorschriften, insbesondere auf die in Anhang I zu EuGVO aufgeführten Vorschriften, wie ein Inländer stützen, ohne dass es auf die Staatsangehörigkeit ankommt. Diese sind in Malta gemäß Art.3 Abs. 2 i.V.m. Anhang I EuGVO und gemäß Artikel 4 Abs. 2 i.V.m. Anhang I EuGVO die Artikel 742, 743 und 744 des Gesetzes über die Gerichtsorganisation und den Zivilprozess (022) und der Artikel 549 des Handelsgesetzbuches (023) (KAP. 13).

b) Ursprünglich die Verordnung (EG) Nr. 1347/2000 des Rates über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung für die gemeinsamen Kinder der Ehegatten vom 29.5.2000 (EheVOI) (024), die ab 1.3.2005 (025) ersetzt wurde durch die Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 des Rates über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1347/2000 vom 27.11.2003 (EuEheVO oder EheVOII oder EheVO) (026).

Die Verordnung gilt in allen Mitgliedsstaaten mit Ausnahme Dänemarks (027). Die gerichtliche Zuständigkeit ergibt sich aus Art. 3 EuEheVO. Dabei ist die internationale Zuständigkeit eines Mitgliedstaates zu bejahen, wenn eine der sieben dort genannten Zuständigkeitsanknüpfungen gegeben ist. Sie stehen untereinander in keinem Rangverhältnis (028). Der Zuständigkeitskatalog ist abschließend. Zuständigkeitsvereinbarungen sind nicht zugelassen. Die rügelose Einlassung des Beklagten eröffnet die internationale Zuständigkeit jedoch nicht.
In Malta gibt es keine Ehescheidung (029). Die Verordnung ist deshalb in Malta als Zuständigkeitsnorm auf das nationale Recht einer Trennungsentscheidung für Ehen beschränkt. Bei Entscheidungen über Kindesentführung geht wegen der Mitgliedschaft Maltas zum HKÜ dieses Übereinkommen vor (030). Bei Schutzmaßnahmen für Kinder gilt im übrigen der Grundsatz der perpetuatio fori. Wenn demnach ein Kind in ein anderes Land übersiedelt, nachdem ein Verfahren eingeleitet wurde, bleibt die Zuständigkeit der einmal eingeschalteten Behörde erhalten (031).

c) Verordnung (EG) Nr. 1346/2000 des Rates über Insolvenzverfahren vom 29.5.2000 (EuInsVO) (032).

Die Verordnung gilt in allen Mitgliedsstaaten mit Ausnahme Dänemarks (033). Die internationale Zuständigkeit ergibt sich aus Art. 3 EuInsVO (034). Es gilt das Insolvenzrecht des Staates der Verfahrenseröffnung (035).

3. Autonome Regelungen

Ein IPR-Gesetz gibt es nicht. Es bestehen auch keine besonderen Regelungen über eine internationale Gerichtszuständigkeit. Für Zivilprozesse ergibt sich die übrige Zuständigkeit maltesischer Gerichte deshalb aus den nationalen Vorschriften zur Jurisdiktion aus dem Gesetz über das Zivilrechtliche Verfahren (COCP) (036). Zuständigkeit besteht hiernach gem. Art. 742 COCP für Klagen gegen:

- alle maltesischen Staatsbürger, sofern sie nicht außerhalb Maltas domiziliert (037) sind (Abs. 1 lit. a);
- alle natürlichen Personen, die in Malta domiziliert, wohnhaft oder präsent sind (Abs. 1 lit. b);
- alle Personen in Angelegenheiten von in Malta belegenem [???] oder bestehendem Vermögen (Abs. 1 lit. c);
- alle Personen, die vertragliche Verpflichtungen in Malta eingegangen sind, sofern diese Verpflichtungen verfahrensgegenständlich sind und sich die Person in Malta aufhält (Abs. 1 lit. d);
- alle Personen, die vertragliche Verpflichtungen außerhalb Maltas eingegangen sind und sich mit der Geltendmachung von Ansprüchen in Malta einverstanden erklärt haben, oder solche Vertragspflichten in Malta geltend zu machen sind und sich die Person in Malta aufhält (Abs. 1 lit. e);
- alle Personen hinsichtlich Vertragspflichten zu Gunsten maltesischer Staatsbürger oder in Malta ansässiger natürlicher Personen, sowie zu Gunsten von maltesischen juristischen Personen, Vereinigungen mit in Malta inkorporierten oder in Malta tätigen Gesellschaften, sofern die Entscheidung in Malta vollstreckbar ist (Abs. 1 lit. f);
- sowie für alle Personen, die sich ausdrücklich, stillschweigend oder freiwillig der Jurisdiktion des Gerichts unterwerfen (Abs. 1 lit. g).

Für den Fall der Widerklage besteht Jurisdiktion gem. Art. 743 Abs. 1 COCP.
Doppelte bzw. frühere Rechtshängigkeit eines im Ausland anhängigen Verfahrens bei Identität oder Konnexität des Streitgegenstandes hindert die Jurisdiktion maltesischer Gerichte nicht (038). Das Gericht kann die Klage jedoch in Ansehung des gleichzeitigen Verfahrens im Ausland als unzulässig (039), oder als unbegründet (040) gem. Art. 742 Abs. 2 COCP abweisen.
Auch eine Schiedsgerichtsabrede der Parteien schränkt die Jurisdiktion nicht ein (041). Auf Antrag einer Partei kann das Gericht jedoch im Wege der einstweiligen Verfügung bestimmen, dass das Schiedsgericht binnen 20 Tagen anzurufen ist (042).


III. Das Verfahren mit Auslandsbezug

1.Sicherheitsleistung für Prozesskosten

a) Deutsch-britisches Rechtshilfeabkommen

Das deutsch-britische Abkommen über den Rechtsverkehr vom 20.03.1928 (043) gilt im Verhältnis Deutschlands zu Malta fort (044). Nach seinem Art. 14 ist keine Sicherheit von Ausländern zu leisten, wenn eigene Staatsbürger davon befreit sind. Die in beiden Staaten (045) geltenden
- Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 des Rates über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- und Handelssachen in den Mitgliedsstaaten vom 29.5.2000 (EuZVO) (046), sowie
- Verordnung (EG) Nr. 1206/2001 des Rates über die Zusammenarbeit zwischen Gerichten der Mitgliedsstaaten auf dem Gebiet der Beweisaufnahme in Zivil- und Handelssachen vom 28.5.2001 (EuBVO) (047),
ändern daran nichts. Sie gehen bilateralen und multilateralen Übereinkünften der EU-Mitgliedsstaaten vor (048) und ersetzen damit weitgehend das deutsch-britische Abkommen über den Rechtsverkehr. Eine Befreiung von Prozesssicherheit findet sich in den beiden Verordnungen jedoch nicht, so dass das deutsch-britische Abkommen über den Rechtsverkehr insoweit fortgilt.

b) Autonomes Recht

Die nationalen Vorschriften haben keine Sonderregelungen für ausländische Kläger. In ordentlichen Zivilverfahren ist Prozesssicherheit von jedem Kläger zu leisten (049).
Mangelnde Prozesssicherheit kann im Zeitpunkt des Aufrufs der Sache zur Klageabweisung führen; das Gericht kann jedoch eine kurze Frist zur Vorlage der Sicherheit setzen (050). In Berufungsverfahren muss die Prozesssicherheit spätestens einen Tag vor der mündlichen Verhandlung vorliegen (051). Die beklagte Partei kann mangelnde Prozesssicherheit rügen (052). In strittigen Fällen über deren Höhe ist die Prozesssicherheit gerichtlich festzusetzen, sofern nicht die beklagte Partei oder das Gericht die Sicherheit als genügend erachten (053). Bei ausländischen Klägern kann die Erhöhung der Prozesssicherheit auf diese Weise vom Beklagten in beschränktem Umfang (054) gesteuert werden.
Sicherheitsleistung ist auch durch einen Bürgen oder auf andere Weise möglich (055).
Die Regierung Maltas ist von der Prozesssicherungspflicht ausgenommen (056).

2. Nachweis ausländischen Rechts

Malta ist Mitglied des Europäischen Übereinkommens betreffend Auskünfte über ausländisches Recht vom 7. Juli 1968 (057) samt Straßburger Zusatzprotokoll (058).
Der Grundsatz iura novit curia gilt für inländisches Recht, auch wenn eine Normierung fehlt. Schon wegen des britischen Verständnisses über den Begriff der Jurisdiktion und mangels kollisionsrechtlicher Normen wird zur Anwendbarkeit ausländischen Rechts auf den englischen Rechtsraum zurückgegriffen (059).
Beruft sich eine Partei auf ausländische Rechtsnormen, so muss sie deren Anwendbarkeit sowie deren wesentlichen Inhalt wie im englischen Recht beweisen (060). Als Beweismittel wird in der Regel die Auskunft eines ausländischen Juristen für genügend erachtet (061). Kann der Nachweis nicht geführt werden, so wird nationales Recht angewandt. Auf Antrag einer Partei kann das Gericht darüber hinaus gem. Art. 175 COCP anordnen, dass neben Korrekturen, Urteilen und Fakten dem Gericht auch Gesetze zur Unterstützung des Klagebegehrens oder Rechtsverteidigung vorgelegt werden.
Damit wird ausländisches Recht als von einer Partei zu beweisende Tatsache angesehen.


IV. Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ausländischer Urteile

1. Staatsvertragliche Regelungen

Malta ist Mitglied des Luxemburger Übereinkommens über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen über das Sorgerecht für Kinder und die Wiederherstellung des Sorgeverhältnisses vom 20.5.1890 (ESÜ) (062), sowie des Haager Übereinkommens über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung vom 25.10.1980 (HKÜ) (063). Soweit für diese beiden Übereinkommen nicht die Zentrale Behörde (064) zuständig ist, sind ausländische Entscheidungen nach den dort genannten einschlägigen Bestimmungen vollstreckbar.
Ansonsten ist Malta nicht Mitglied eines weiteren internationalen Abkommens zur Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Urteile.

2. EU-Recht

Seit der Mitgliedschaft in der EU (065) sind folgende Verordnungen anwendbares Recht, die eine Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen aus anderen EU-Ländern in Malta eröffnen:

a) Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 22.12.2000 (EuGVO oder EuGVVO oder Brüssel I) (066).

Die Verordnung (067) gilt in allen Mitgliedsstaaten und seit 1.7.2007 auch in Dänemark (068). Ein besonderes Anerkennungsverfahren gibt es nicht. Im Streitfall kann die Anerkennungsfähigkeit durch Feststellung begehrt werden (069). Die ausländische Entscheidung darf in der Sache nicht nachgeprüft werden (070). Die Anerkennung kann ausgesetzt werden, wenn gegen die Entscheidung ein Rechtsbehelf eingelegt worden ist (071).

Die ausländische Entscheidung muss gerichtlich für vollstreckbar erklärt werden (072). Zuständig dafür ist auf der Insel Malta die Erste Abteilung des höheren Zivilgerichts (073), für die Insel Gozo das dortige Magistratsgericht (074), das gem. Art. 50 Abs. 2 lit. b COCP in seinem Gerichtsbezirk (075) auch die höhere Gerichtsbarkeit wahrnimmt. Im Falle von Unterhaltsurteilen ist der Geschäftsleiter (076) des Gerichts zuständig (077). Für die Antragstellung gilt maltesisches Recht, die Errichtung eines Wahlgerichtsstandes (078) ist dabei nicht notwendig, dafür aber ein Zustellungsbevollmächtigter, in der Regel ist dies der die Vollstreckung betreibende Anwalt. Mit dem Antrag sind die erforderlichen Dokumente gem. Art. 53-56 EuGVO vorzulegen, worauf ohne weitere Prüfung die Entscheidung für vollstreckbar erklärt wird, ohne dass der Schuldner gehört wird (079) (080).

b) Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 des Rates über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und zur Aufhebung der Verordnung (EG) 1347/2000, welche die bis 28.2.2005 geltende Verordnung (081) ersetzt hat (082), vom 27.11.2003 (EuEheVO oder EheVOII oder EheVO) (083).

Die Verordnung gilt in allen Mitgliedsstaaten mit Ausnahme Dänemarks (084).
Anzuerkennen sind alle Entscheidungen ohne Rücksicht auf ihre Bezeichnung, inklusive der Kostenentscheidungen (085), ohne dass es eines besonderen Verfahrens bedarf (086). Es besteht striktes Verbot der révision au fond (087).
Eine besondere Bedeutung hat die Verordnung für Ehescheidungsurteile, da bis zum Beitritt Maltas zur EU eine Anerkennung ausländischer Ehescheidungsurteile mangels Ehescheidungsmöglichkeit in Malta nur ausnahmsweise als ausländische Domizilentscheidungen möglich waren (088). Diese Urteile sind jetzt ungeachtet des nationalen Rechts anzuerkennen, weil es nach Art. 25 EuEheVO gleichgültig ist, dass Malta selbst eine Ehescheidung nicht kennt.

Die Entscheidung des ausländischen EU-Staates ist gerichtlich für vollstreckbar zu erklären (089). Zuständig dafür ist für die Insel Malta und die Nachbarinsel Gozo jeweils das gleiche Gericht wie für das EuGVO (090) (091). Eine feststellende oder gestaltende Entscheidung kann jedoch nicht für vollstreckbar erklärt werden (092). Für die Vollstreckung selbst ist das autonome Recht Maltas maßgeblich.

c) Verordnung (EG) Nr. 1346/2000 des Rates über Insolvenzverfahren vom 29.5.2000 (EuInsVO) (093).

Die Verordnung gilt in allen Mitgliedsstaaten mit Ausnahme Dänemarks (094).
Nach Art. 16 EuInsVO ist ein eröffnetes Insolvenzverfahren in allen übrigen Mitgliedsstaaten anerkannt, sobald die Verfahrenseröffnung wirksam ist und hat damit gemäß Art. 17 EuInsVO gleiche Wirkungen wie im Staat der Verfahrenseröffnung. Anerkannt und vollstreckt werden nach Art. 25 EuInsVO die zur Durchführung und Beendigung eines Insolvenzverfahrens ergangenen Entscheidungen eines Gerichts. Das betrifft auch einen vom Gericht bestätigten Vergleich, der ebenfalls ohne weitere Förmlichkeiten anerkannt wird. Die Vollstreckbarkeitserklärung erfolgt nach dem EuGVO unter Zuständigkeit der dort bezeichneten Gerichte (095).

d) Verordnung (EG) Nr. 805/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Einführung eines europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen vom 21.04.2004 (EuVTVO) (096).

Die Verordnung ist seit 2005 (097) in allen EU-Mitgliedsländern anwendbar, mit Ausnahme Dänemarks (098).
Damit ist ein europäischer Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen eingeführt, ohne dass im Vollstreckungsmitgliedsstaat ein Zwischenverfahren vor der Anerkennung und Vollstreckung angestrengt werden muss (099).
Vorausgesetzt ist, dass die Entscheidung gemäß Art. 5 EuVTVO als "Europäischer Vollstreckungstitel" bestätigt worden ist; (100) der Schuldner muss auch seinen Wohnsitz im Entscheidungsstaat gehabt haben (101). Die Vollstreckung erfolgt nach dem Recht des Vollstreckungsmitgliedsstaates nach den gleichen Bedingungen wie aus einem im Vollstreckungsstaat ergangene Titel unter Vorlage des europäischen Vollstreckungstitels (102).
Vollstreckungsmöglichkeiten nach dem EuGVO bleiben davon unberührt.

e) Zukünftige Verordnungen der EU werden in allen EU-Mitgliedsstaaten, außer Dänemark, eine direkte Vollstreckungsmöglichkeit vorsehen. Bei Anwendbarkeit dieser neuen Verordnungen wird in Malta kein Exequaturverfahren mehr notwendig sein.

3. Autonome Regelungen

a) Britische Entscheidungen

Soweit nicht eine EU-rechtliche Vollstreckungsmöglichkeit besteht, gilt für zivilrechtliche und handelsrechtliche Urteile des Vereinigten Königsreichs und der British Dominions eine Sonderregelung in Form des British Judgements (Reciprocal Enforcement) Act (103). Von Ausnahmen abgesehen (104), können Entscheidungen in einem vereinfachten Verfahren im Beschlusswege registriert werden und sind wie inländische Entscheidungen ab ihrer Registrierung vollstreckbar (105).

b) Unterhaltsentscheidungen

Soweit keine EU-rechtliche Vollstreckungsmöglichkeit besteht, gibt es eine Sonderregelung auch für Unterhaltsentscheidungen aus England (106), Nordirland und britischer Dominions in Form der Maintenance Orders (Facility for Enforcement) Ordinance (107). Auf welche Gebiete sich die Anwendbarkeit noch erstreckt, ergibt sich aus den dazu erlassenen Rechtsverordnungen (108).
Unterhaltstitel aus diesen Ländern und Gebieten sind nach Registrierung im vereinfachten Verfahren sofort vollstreckbar.
Zur Ergänzung und Vollstreckungserleichterung von Unterhaltstiteln aus anderen Ländern besteht der Maintenance Orders (Reciprocal Enforcement) Act (109). Darin sind Anerkennungs- und Vollstreckungserleichterungen ebenso in Form der einfachen Bestätigung ausländischer Unterhaltstitel vorgesehen (110). Vorausgesetzt ist jedoch die Wechselseitigkeit, wobei für maltesische Unterhaltstitel nur ähnliche oder beschränkte Erleichterungen bestehen müssen. Damit das Gesetz zur Anwendung kommen kann, muss das betreffende Land als ein solches der Wechselseitigkeit durch Rechtsverordnung bestimmt worden sein (111).
Im Verhältnis zu Deutschland und Österreich sind jedoch EUVO und EuEheVO anwendbar. Mit der Schweiz besteht weder ein bilaterales Abkommen, noch ist eine wechselseitige Erklärung abgegeben worden; die autonomen Regelungen findet auf Unterhaltstitel dieser Länder deshalb keine Anwendung.

c) Sonstige Entscheidungen anderer Länder

Sonstige Entscheidungen anderer Länder können nach Art. 826 ff COCP für vollstreckbar erklärt werden, wenn sie nicht dem maltesischen ordre public widersprechen (112). Ausdrücklich ausgeschlossen ist die Anerkennungsfähigkeit ausländischer Urteile, wenn es sich um eine Säumnisentscheidung handelt, jedoch keine Säumnis vorlag (113), oder ein Aufhebungsgrund für ein maltesisches Gericht der zweiten Instanz nach Art. 811 COCP vorliegen würde.
Gem. Art. 811 lit. d COCP besteht ein Aufhebungsgrund (und damit Anerkennungshindernis i.S.v. Art. 827 COCP) für ein maltesisches Gericht der 2. Instanz, wenn das Erstgericht unzuständig war, es sei denn, das Erstgericht hat über seine Zuständigkeit (Jurisdiktion) bereits entschieden. Dieser Aufhebungsgrund ist für die Frage der Vollstreckbarkeit ausländischer Titel modifiziert. Nach Art. 827 Abs. 2 COCP ist ein Urteil ausdrücklich nicht vollstreckbar, wenn das Entscheidungsgericht seine Zuständigkeit (Jurisdiktion) aus Gründen des Domizils oder des Aufenthalts einer Partei angenommen hat und sich die Bejahung der Zuständigkeit als unrichtig erweist, es sei denn, die Partei hat sich der Jurisdiktion dieses Gerichts freiwillig unterworfen.

Im übrigen besteht ein Aufhebungsgrund und damit ein Anerkennungshindernis nach Art. 811 COCP,
- wenn das Urteil durch Betrug (by fraud) erlangt wurde (114),
- wenn keine ordnungsgemäße Ladung erfolgt ist und die beklagte Partei nicht erschienen ist (115),
- wenn eine Partei nicht prozessfähig war und das Urteilsgericht diesen Einwand nicht schon verneint hat (116),
- wenn das Gesetz falsch angewandt wurde (117),
- wenn mit der Entscheidung etwas zugesprochen wurde, was mit der Klage nicht begehrt war (118),
- die Entscheidung mehr zugesprochen hat, als mit der Klage begehrt war (119),
- wenn die Entscheidung einer früheren Entscheidung in gleicher Sache widerspricht, es sei denn, der Einwand der Rechtskraft wurde vom Entscheidungsgericht schon zurückgewiesen (120),
- wenn das Urteil in sich widersprüchlich ist (121),
- wenn sich das Urteil auf Beweise stützt, die sich in einem späteren Verfahren als falsch herausgestellt haben und dies bei der Entscheidungsfindung nicht bekannt war (122),
- wenn nach dem Erlass des Urteils entscheidungserhebliche Dokumente aufgetaucht sind, die im Zeitpunkt der Entscheidung wegen Nichtkenntnis nicht vorgelegt werden konnten (123),
- wenn dem Urteilsgericht bei der Tatsachenermittlung ein Irrtum unterlaufen ist und dieser Irrtum als entscheidungserheblich anzusehen ist (124).

Das Anerkenntnisverfahren wird mit einer Antragsschrift (writ of summons) eingeleitet, worauf das Gericht die Versagungsgründe überprüfen muss. Sobald das Vollstreckungsurteil im Public Registry Office registriert ist, ist die Entscheidung in Malta vollstreckbar (125).

d) Ehescheidungsurteile

Malta ist nicht Mitglied der Haager Konvention über Ehescheidungen und gerichtliche Trennungen vom 01.06.1970.
Malta gehört zu den wenigen Staaten der Welt ohne Ehescheidung (126). Möglich ist nur eine gerichtliche Trennung von Tisch und Bett (127). Eine ausdrückliche Bestimmung über die Anerkennung von Scheidungsurteilen im Ausland fehlt. Soweit nicht die EuEheVO unter den EU-Staaten anwendbar ist, sind gemäß Art. 33 des Ehegesetzes (128) Auslandsentscheidungen über den Personenstand in Malta anzuerkennen, wenn ein zuständiges Gericht in einem Land entschieden hat, in dessen Bezirk eine der Parteien domiziliert ist oder wenn eine der Parteien die Staatsangehörigkeit des Gerichts im Erststaat besitzt. Unter Anwendbarkeit dieses Artikels werden auch übrige ausländische Ehescheidungen anerkannt (129). Wegen der großen Ähnlichkeit zur entsprechenden Vorschrift der Republik Irland wird auch Art. 33 des maltesischen Ehegesetzes für Domizilentscheidungen als Rückverweisungsnorm auf das deutsche Sachrecht gemäß Art. 4 Abs. 1 EGBGB anzusehen sein.

4. Verbürgung der Gegenseitigkeit

Außerhalb des Anwendungsbereichs europäischen Rechts ist die Gegenseitigkeit nicht verbürgt (130), da wegen des Verweises auf die vom Gericht zu überprüfenden Aufhebungsgründe (131) zumindest eine teilweise révision au fond stattfindet (132).


V. Die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ausländischer Schiedssprüche

Malta ist nach Kräften bemüht, auf dem Gebiet des Schiedsgerichtswesens eine international wichtige Stellung zu erreichen. Mit der Einführung des Schiedsgerichtsgesetzes vom 1998 (133) wurde ein Schiedgerichtszentrum (Malta Arbitration Centre) errichtet (134), vor dem nationale und internationale Schiedsverfahren durchgeführt werden können. Für das internationale Schiedsgericht wurde als Verfahrensregeln das "UNCITRAL Model Law on International Commercial Arbitration" übernommen (135). Das Arbitration Centre hat öffentlich-rechtliche Aufgaben. Alle Schiedssprüche sind dort zu registrieren.
Der Inselstaat ist Mitglied des Genfer Protokolls über die Schiedsklausel im Handelsverkehr vom 24.9.1923 (136), des Genfer Abkommens zur Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 26.9.1927 (137) sowie des Übereinkommens zur Errichtung der Multilateralen Investitions-Garantie-Agentur (MIGA) vom 11.10.1985 (138). Seit 20.9.2000 ist es auch Vertragsstaat des New Yorker UN-Übereinkommen vom 10. Juni 1958 über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche (UNÜ) (139). Eine Mitgliedschaft zum Übereinkommen zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten zwischen Staaten und Angehörigen anderer Staaten (ICSID)vom 18. März 1965 (140) besteht seit 3.12.2003 (141).

Ausländische Schiedssprüche werden in Malta anerkannt und für vollstreckbar erklärt, wobei jedoch zu differenzieren ist:

- Schiedssprüche, nach dem Genfer Protokoll über die Schiedsklauseln im Handelsverkehr vom 24.9.1923 (142), dem Genfer Abkommen vom 26.9.1927 zur Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche (143), oder dem UN-Übereinkommen vom 10.6.1958 über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche (144), sind nach Art. 74 Schiedsgerichtsgesetz (AA) (145) beim Malta Arbitration Centre (146) zu registrieren und sind daraufhin von den maltesischen Gerichten für vollstreckbar zu erklären. Vorbehalte und Erklärungen Maltas als Mitglied zu einem dieser Abkommen sind jedoch zu beachten. Zu Nachweiszwecken stellt das Außenministerium gemäß Art. 74 Abs. 3 AA eine Bescheinigung über die Mitgliedschaft des ausländischen Staates zu einem dieser entsprechenden Abkommen aus, die vor Gerichten und Behörden Beweiskraft hat. Die Schiedssprüche sind vollstreckbar wie inländische Schiedssprüche (147).
- Anderweitige ausländische Schiedssprüche, seien sie unter maltesischem oder ausländischem Recht ergangen, sind ebenfalls und in gleicher Weise durch Registrierung beim Malta Arbitration Centre anzuerkennen und durch ein maltesisches Gericht für vollsteckbar zu erklären (148). Vorausgesetzt ist für solche Schiedssprüche, dass das Verfahren nach dem angewandten Recht nicht vor einem Amt, einem Gericht oder einer Behörde durchzuführen war (149).
- Jene Schiedssprüche, die nach dem Übereinkommen zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten zwischen Staaten und Angehörigen anderer Staaten (ICSID) vom 18.3.1965 zustande gekommen sind (150), werden ebenso anerkannt und durch ein maltesisches Gericht für vollstreckbar erklärt, wobei diese Schiedssprüche wie maltesische gerichtliche Entscheidungen behandelt werden (151). Das gilt jedoch nur für solche Fälle, in denen eine Partei nach diesem Übereinkommen nicht ausdrücklich ausgeschlossen war (152). Behörde i.S.v. Art. 54 Abs. 2 ICSID ist das Malta Arbitration Centre.

Die früher bestehenden Vorschriften nach der Arbitration (Foreign Awards) Ordinance (153) sind abgeschafft.


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© 1999- Rechtsanwaltskanzlei Peter Pietsch, Fürstenfeldbruck