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Das neue Unterhaltsrecht ab dem 01.01.2008
Von Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht Peter Pietsch, Mering
Nun ist es endlich soweit. Am 09.11.2007 hat der Bundestag das längst erwartete Gesetz zur Änderung des Unterhalts verabschiedet, das am 01.01.2008 in Kraft getreten ist. In letzter Minute wurde noch eine neue Übergangsvorschrift eingeführt, die einen höheren Mindestunterhalt für Kinder festlegt, als dies ursprünglich geplant war.
Mit der Neuregelung soll die Eigenverantwortung getrennter oder geschiedener Eheleute gestärkt werden. Der Kindesunterhalt hat Vorrang bekommen und für die Kinder wurde ein Mindestunterhalt eingeführt.
I. Kindesunterhalt
1. Mindestunterhalt
Unabhängig von der Einordnung des Kindesunterhalts nach Kindesalter und Einkommen des Pflichtigen in die bisher übliche Düsseldorfer Tabelle gibt es jetzt einen Mindestunterhalt. Dieser wird aus dem "doppelten Freibetrag für das sächliche Existenzminimum eines Kindes" nach dem Einkommenssteuergesetz ermittelt. Er beträgt derzeit 3.648,00 Euro pro Jahr, damit 304,00 Euro pro Monat. Dieses Existenzminimum wird jedes zweite Jahr von der Bundesregierung neu ermittelt.
Von diesem Existenzminimum von 304,00 Euro leitet sich dann der Mindestunterhalt für die verschiedenen Altersstufen ab
- bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres 87 %, somit 265,00 Euro
- vom 7. bis zur Vollendung des 12. Lebensjahres 100 %, somit 304,00 Euro
- ab dem 13. Lebensjahr zu 117 %, somit 356,00 Euro.
Nachdem dieser Mindestunterhalt deutlich unter den Regelbeträgen liegen, wie sie bis 31.12.2007 zu ermitteln waren, wurde eine Übergangsregelung in Form des § 36 Nr. 4 EGZPO eingeführt, der die Beträge anhebt, um das bisherige West-Niveau zu erreichen.
2. Die anwendbare neue Düsseldorfer Tabelle
3. Berücksichtigung des Kindergeldes
Von diesen Beträgen nach der Düsseldorfer Tabelle ist das hälftige Kindergeld in Abzug zu bringen, vom 1. bis zum 3. Kind also 77,00 Euro und ab dem 4. Kind 89,50 Euro. Das gilt aber nur dann, wenn - wie im Regelfall - ein Elternteil seine Unterhaltspflicht gegenüber dem minderjährigen Kind durch Pflege und Erziehung erfüllt.
Erfüllt kein Elternteil seine Unterhaltspflicht durch Betreuung, so ist das Kindergeld in voller Höhe als bedarfsdeckendes Einkommen des Kindes anzusehen. Das ist dann der Fall, wenn ein minderjähriges Kind nicht von einem Elternteil, sondern von einem Dritten betreut wird, oder ein minderjähriges Kind verheiratet ist, oder es sich um volljährige Kinder handelt. Volljährige Kinder haben auch das Recht, das Kindergeld ausbezahlt zu bekommen.
Unter Verrechnung des hälftigen Kindergeldes werden deshalb folgende Beträge zu bezahlen sein:
4. Leistungsunfähigkeit des Unterhaltsschuldners
Einem Unterhaltsschuldner muss der notwendige Selbstbehalt verbleiben. Bei nichterwerbstätigen Unterhaltspflichtigen ist dies ein Betrag von 770,00 Euro. Bei erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen 900,00 Euro.
Damit steht der Mindestunterhalt grundsätzlich unter dem Vorbehalt der Leistungsfähigkeit. Die Leistungsfähigkeit für den Mindestbedarf wird aber unterstellt, so dass zum Einkommen des Schuldners bei der Geltendmachung des Mindestbedarfs für das Kind nichts vorzutragen ist. Der Unterhaltsschuldner muss seine Leistungsunfähigkeit beweisen.
5. Verhältnis von Kindesunterhalt zum Ehegattenunterhalt
Schon nach der Rechtslage bis zum 31.12.2007 ist vorab der Kindesunterhalt vom Einkommen des Unterhaltsschuldners abgezogen worden. Vom verbleibenden Rest hat sich der Ehegattenunterhalt bemessen. In einem so genannten Mangelfall wurde der als Unterhalt für alle Berechtigten zur Verfügung stehende Betrag an die Berechtigten aufgeteilt.
Seit dem 01.01.2008 ist nunmehr auch im Mangelfall der Kindesunterhalt grundsätzlich vor der Berechnung des Ehegattenunterhalts vom Einkommen des Unterhaltsschuldners abzuziehen. Ehegatten sind gegenüber Unterhaltsansprüchen von Kindern nachrangig geworden. Um zu vermeiden, dass ein Ehegatte den ihm zustehenden Quotenunterhalt ganz oder teilweise nicht erhalten kann, weil der Selbstbehalt des Schuldners angegriffen würde, kann beim Kindesunterhalt allerdings eine Korrektur vorgenommen werden, indem der Kindesunterhalt einer niedrigeren Einkommensgruppe entnommen wird. Ein Ehegattenunterhalt wird deshalb nur in Fällen eines "verschärften Mangelfalles" entfallen.
6. Übergangsregelung
Gibt es bereits ein Urteil oder eine Jugendamtsurkunde über Kindesunterhalt in dynamischer Weise (ein bestimmter Prozentsatz des jeweiligen Regelbetrages, abhängig von der jeweiligen Altersgruppe), so bleiben diese Titel bestehen. Eine Abänderung ist nicht erforderlich. An die Stelle des bisherigen Prozentsatzes vom Regelbetrag tritt jedoch ein neuer Prozentsatz vom Mindestunterhalt. Dieser ist für die jeweils maßgebliche Altersstufe gesondert zu bestimmen und auf eine Stelle nach dem Komma zu begrenzen. Der Bedarf ergibt sich aus der Multiplikation des neuen Prozentsatzes mit dem Mindestunterhalt der jeweiligen Altersstufe und ist auf volle Euro aufzurunden. Das geschieht nach einer anzuwendenden Formel.
II. Ehegattenunterhalt
1. Eigenverantwortung des Ehegatten
Während am Unterhaltsanspruch des getrennt lebenden Ehegatten so gut wie nichts geändert wurde, gilt für den geschiedenen Ehegatten nun der Grundsatz der Eigenverantwortung. Auch bis zum 31.12.2007 konnte der Unterhalt eines geschiedenen Ehegatten schon begrenzt werden. Künftig muss durch die Gerichte eine Herabsetzung oder Begrenzung des Unterhalts wegen Unbilligkeit erfolgen, soweit die gesetzlichen Voraussetzungen, die sich nach objektiven Kriterien wie etwa der Ehedauer von weniger als 10 Jahren oder mangelnder Kinderbetreuung orientieren, dies erfordern. Für die Begrenzung des Unterhalts eines geschiedenen Ehegatten ist der Unterhaltspflichtige beweispflichtig.
2. Betreuungsunterhalt
Nach dem alten Recht galt es für einen betreuenden Elternteil als unzumutbar, eine Beschäftigung aufzunehmen, bis das jüngste der betreuten Kinder die dritte Grundschulklasse besuchte. Bis zum Erreichen des 15. Lebensjahres des jüngsten der betreuten Kinder bestand die Obliegenheit zu einer Teilzeit-, danach zu einer Vollzeitbeschäftigung. Das wurde grundlegend geändert:
Werden ein Kind oder mehrere Kinder betreut, so gibt es nun für die ersten drei Lebensjahre des Kindes einen Basisunterhalt. In dieser Zeit ist der betreuende Ehegatte nicht verpflichtet, einer Berufstätigkeit nachzugehen. Es kommt auch nicht darauf an, ob sich aufgrund der tatsächlichen Betreuungsmöglichkeit gleichwohl eine solche Tätigkeit bewerkstelligen ließe.
Dieser Basisunterhalt kann allerdings verlängert werden, wenn es der Billigkeit entspricht. Dabei kommt es auf die Belange des Kindes einerseits und andererseits auf die konkreten Betreuungsmöglichkeiten an, die auszuschöpfen sind; das sind Tageseinrichtungen wie Kindergärten, Kinderhorte oder sonstige Betreuung durch Dritte oder Angehörige. Eine Verlängerung ist also nur dann möglich, wenn Billigkeitsgründe bestehen, etwa die Betreuung mehrerer Kinder, Erkrankungen der Kinder, Betreuungsbedürftigkeit. Der Wunsch, die Kinder über die ersten drei Jahre hinaus selbst zu betreuen, ist aber kein Billigkeitsgrund. Es ist vielmehr zu prüfen, ob Betreuungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen.
Schließlich kann der Betreuungsunterhalt für geschiedene Ehegatten außerdem aus Billigkeitsgründen sogar noch weiter hinausgehen. Dabei geht es jedoch nicht um "kinderbezogene Gründe", sondern um solche, die sich aus der ehelichen Solidarität ergeben, wie Dauer der Ehe, Rollenverteilung, Art und Umfang der Berufstätigkeit und Gestaltung der Kinderbetreuung.
3. Änderung von Alttiteln
Sofern bereits ein Unterhaltsanspruch vor dem 31.12.2007 betitelt wurde, besteht für den Verpflichteten die Möglichkeit einer Abänderung. Das gilt aber nur, wenn eine wesentliche Änderung der Unterhaltsverpflichtung eintritt und die Änderung dem anderen Teil unter Berücksichtigung seines Vertrauens in die getroffene Regelung auch zumutbar ist.
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